Jesus

Jesus hat selber keine Bücher geschrieben. Fast alles, was wir von ihm wissen, haben Anhänger von ihm 30-50 Jahre nach seinem Tod verfasst – da ist grundsätzlich keine wissenschaftliche Objekti-vität zu erwarten. 

Zurecht könntet Ihr fragen: Der wichtigste Mensch der westlichen Kultur, und vielleicht alles erfunden? Milliarden von Christen, und man weiss historisch fast nichts? Das ist für viele heutige Menschen erst mal eine harte Nuss.

Aber eben: Glaube ist nicht Wissen, Glaube heisst Gottvertrauen, und die Wahrheit der Bibel ist nicht die Wahrheit der Lottozahlen.

Also laden wir Dich ein, um mit uns genauer hinzusehen, was wir über Jesus sagen können.

  • I. Die Person Jesus

    I.1 Hat Jesus überhaupt gelebt?


    Wenn man „neutrale“ Aussagen über Jesus erhalten will, dann sind wir auf die Berichte der Römer angewiesen. Sie waren die Welt-macht jener Zeit und schrieben alles auf, was in ihrem Reich geschah. 

    Aber die Römer schrieben so gut wie nichts über das Leben von Jesus. Zwei Geschichtsschreiber berichten lediglich, dass Jesus „der Christus genannt wird“, gekreuzigt wurde, und dass den Chris-ten 64 n.Chr. die Schuld am Brand Roms gegeben wurde. 

    Vor etwa 250 Jahren begannen auch nichtkirchliche Wissenschaft-ler zu untersuchen, ob Jesus wirklich gelebt hat. Dank den Erkennt-nissen aus Archäologie und Sozialgeschichte ist es heute sicher, dass Jesus wirklich gelebt hat. 

    Und ausgesehen hat er nach neusten Erkenntnissen etwa so wie auf dem Bild links. Die Darstellungen von einem weissen(!) Jesus im Hippie(!)-Style, wie er auf fast allen Darstellungen erscheint, ist glatte Fantasie.

     

    I.2 Der Name „Jesus der Nazoräer


    „Jesus“ bedeutet auf hebräisch „Gott rettet“ 
    Zwar gehen viele Forscher davon aus, dass Jesus tatsächlich in Nazareth lebte. Beim Titel „Jesus der Nazoräer“ sind jedoch etliche der Ansicht, dass „Nazoräer“ nicht auf Jesu Heimatstadt bezogen ist. Es gibt zwei Vermutungen, was damit gemeint war: 

    Das Wort könnte darauf hinweisen, dass Jesus als „Bibel-Lehrer“ tätig war („nazar“ bedeutet „Hüter über die Torah“). Da er damit in das nähere Umfeld der Pharisäer gerückt worden wäre, dürfte das Lukas peinlich gewesen sein, weshalb er das Wort „Nazoraios“ um-deutete.


    Die meisten Ausleger sehen „Nazoräer“ als Anspielung auf das Wort „Spross“ (nezer). Dies würde unterstreichen, dass Jesus letzt-lich von König David abstammte, was wiederum wichtig war, um Jesus als Messias zu legitimieren, der von den Juden erwartet wurde.

     

    I.3 Wann und wo ist Jesus geboren?

    Jesus ist "vor Christus" geboren!

    Man könnte meinen, dass Jesus doch im Jahr 0 geboren worden sein müsste. Doch dies ist ein Rechenfehler der frühen Kirche. Schon die Urchristen haben nicht gewusst, wann genau Jesus geboren wurde, und die Angaben, welche Matthäus und Lukas in ihren Geburtsgeschichten nennen, stimmen weder untereinander noch mit den historischen Daten überein. 

    Geschichten, nicht Geschichte

    Logisch, die Evangelisten wollten ja keine historischen Fakten, son-dern die Geschichte über die Geburt des Messias erzählen. Deshalb haben sie viele Symbole in ihre Erzählungen eingebaut, die dieses Anliegen unterstützen. (siehe Abschnitt „was ist Wahrheit?“ im Bereich Bibel)

    Der Kindermord von Betlehem zum Beispiel wäre historisch sicher belegt, wenn es ihn wirklich gegeben hätte. So erinnert er aber an den Kindermord in Ägypten, was der Anfang von der Befreiung der Juden aus der Sklaverei war. Damit wird Jesus auf eine Höhe mit Moses gesetzt.


    Nach Matthäus wurde Jesus vor dem Tod von Herodes dem Gros-sen (4 v.Chr.) geboren, nach Lukas bei der Volkszählung von Quiri-nius, der jedoch erst 6 n.Chr. Statthalter wurde.
     

    Bethlehem oder Nazareth?

    Da nach biblischer Weissagung der Messias in Betlehem geboren werden sollte, war klar, dass die Evangelisten Jesus dort das Licht der Welt erblicken liessen. Sehr wahrscheinlich wurde Jesus aber in Nazareth geboren, wo seine Familie lebte, oder in Kafarnaum, wo er oft wirkte. 

    Die vier Evangelien berichten nur über Jesu letzte Lebensjahre. Das erste öffentliche Auftreten dürfte im Jahr 28 n.Chr. gewesen sein, als er etwa 30 Jahre alt war.

     

    I.4 Jungfrau?

    „Das hat nichts mit Menschen zu tun“

    Der Stammbaum beim Evangelisten Matthäus betont die väterliche Abstammung von Josef, die bis zu König David zurückkonstruiert wird. Auch bei der „Zeugung durch den Heiligen Geist“ geht es zuerst nicht um Biologie.

    Vielmehr wird die direkte Verbundenheit von Jesus mit Gott betont: so etwas Aussergewöhnliches wie Jesus, das ist absolut „abnormal“, wollen die Evangelisten sagen.

    „Jungfrauengeburten“ kommen übrigens auch in den griechischen und römischen Göttermythen immer mal wieder vor.

     

    Von der „jungen Frau“ zur „Jungfrau“

    Wie oft wird auch bei der Geburt Jesu auf das Alte Testament verwiesen: „denn es heisst: eine junge Frau wird den Messias gebären“, spricht der Prophet Jesaja.

    Dabei wird das hebräische Wort „almah“ verwendet, das „junge Frau“ bezeichnet. In der griechischen Übersetzung finden wir dann das Wort „parthenos“, das sowohl „junge Frau“ als auch „Jungfrau“ bedeutet kann.

    Und in der lateinischen Übersetzung etwa 150 nach Jesu Tod dann entschieden sich die Schreiber schliesslich für das Wort „virgo“, das nur „Jungfrau“ bedeutet.

     

    Ein uneheliches Kind?

    Es gibt auch Thesen, dass Jesus ein uneheliches Kind und sein leiblicher Vater ein römischer Soldat gewesen sein könnte. Auch wenn das eine Spekulation ist, würde es die theologische Aussage noch zuspitzen, dass „skandalöse Lebensformen“ für Gott kein Hin-dernis sind…

     

    I.5 Jesu Todesdatum

    Sicher ist, dass Jesus unter Pontius Pilatus hingerichtet wurde, also zwischen 26 und 35 n.Chr. Alle vier Evangelien berichten, dass er an einem Freitag gekreuzigt wurde, am 14. oder 15. Tag des Monats Nisan. Dies trifft auf die Jahre 30, 31, 33 und 34 zu.

    Die meisten Forscher halten das Jahr 30 für die wahrscheinlichste Variante, weil Paulus bereits zwischen 32 und 35 n.Chr. bekehrt wurde.

    Jesus wurde also zwischen 30 und 40 Jahre alt.

     

    I.6 Familie

     

    Jesus war nach den Berichten der Evangelisten das erste Kind von Maria und Josef, die beide aus Nazareth stammten.

    Nach den Berichten der Bibel war die Familie eine Zeit lang Flüchtlinge, als sie vor Herodes fliehen mussten.

    Die Bibel nennt vier Brüder und mehrere Schwestern von Jesus; da aber im Judentum auch nahe Verwandte als „Brüder“ bezeichnet werden, könnte es sich dabei auch um Halbschwestern oder Cousins handeln.

    Jesus hatte eine sehr distanzierte Beziehung zu seiner Familie. Er blieb nicht bei seinen Eltern und sorgte für die Familie, wie sich das für den ältesten Sohn gehörte, sondern zog weg vom Heimatort und von seiner Sippe.

    Jesu Lebensstil ohne feste Heimat provozierte Konflikte mit seinen Verwandten. Sie versuchten, ihn zurückzuhalten und erklärten ihn für verrückt. Diese Spannung wurde von Jesus selber auch genährt, wenn er seine NachfolgerInnen zum Beispiel aufforderte, ihre Fami-lie zu verlassen.

    Familie, das ist für Jesus, wer wie er auf Gott vertraut und seinen Willen tut, unabhängig von Blutsverwandtschaft. Trotzdem gehören einige seiner Verwandten zu den ersten Christen.

     

    I.7 Ausbildung, Beruf

    Als erster Sohn einer frommen jüdischen Familie lernte Jesus den Beruf seines Vaters. Josef war Bauhandwerker (nicht Zimmer-mann!), also wohl im Haus- und Schiffbau tätig.

    Als Junge musste Jesus vermutlich beim Broterwerb für die Familie helfen. Dass er selbst dieses Handwerk ausübte, ist jedoch nicht belegt.

    So wie Jesus die Heilige Schrift kannte, muss man davon ausge-hen, dass er eine Toraschule besuchte. Auch seine Art der Bibel-auslegung legt dies nahe, und er wird immer wieder als „Rabbi“ (Lehrer) angeredet.

    In der neueren Jesusforschung gilt Jesus als Wanderprediger, der einem „charismatischen Milieu“ im damaligen Galiläa einzuordnen ist und dessen Lebensstil im Urchristentum weitergeführt worden ist.

  • II. Jesu Wirken: Das Reich Gottes in Worten und Taten

    II.1 Das Reich Gottes: Hier und Jetzt

    Das Reich Gottes ist Vertrauen ist Freiheit

    Im Zentrum von Jesu Leben steht das „Reich Gottes“, und Jesus zeigte mit seinem eigenen Handeln, was damit gemeint ist:

    Das Reich Gottes bezieht sich grundlegend nicht auf einen Ort oder eine Zeit nach dem Tod, sondern meint das Hier und Jetzt: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch“.

    Für Viele ist das noch heute eine unerhörte Frechheit, so etwas zu behaupten.

    „Reich Gottes“ ist eine Lebensweise, in der man aus dem Vertrauen zu Gott lebt. Dieses Vertrauen macht es möglich, so zu handeln, dass es den einzelnen Menschen und so der Gesellschaft dient (weil Privat und Politisch im jüdischen Denken untrennbar zusammengehört, siehe unten „Jesus und die Politik“).

    Das Reich Gottes ist eine ständige Provokation für die „Gesetze der Welt“, wenn es dort nur noch um Macht und äusseren Gewinn geht.

    Deshalb wird Jesus auch heute noch gern als Revolutionär gezeichnet.

     

    Der Rand ist die Mitte

    Daraus ergibt sich vieles von ganz alleine, zum Beispiel, dass Jesus den Aussenseitern der Gesellschaft besonders viel Zuwendung zeigte. Frauen, Kinder, Bedürftige, Bettler, Schwerkranke, Behinder-te, aber auch „unmoralische Bankdirektoren“ (Zöllner) und „Un-gläubige“: Jesus hatte keine Berührungsängste und begegnete ih-nen als wertvolle Menschen.

    Zur Zeit Jesu litten die Juden unter Ausbeutung, steuerlichen Abga-ben für Rom und den Tempel, täglicher römischer Militärgewalt, Schuldversklavung, Hunger, Epidemien und sozialer Entwurzelung. Wenn Jesus sein Auftreten als Erfüllung der prophetischen Verheis-sungen darstellt, geht das immer mit Hinweisen auf die Armen und Bedürftigen einher.

     

    Das Reich Gottes: die Provokation für die Mächtigen

    Aus der Radikalität, wie Jesus das „Reich Gottes“ lebt und einfor-dert, ergibt sich aber auch die Ablehnung durch grosse Teile der Gesellschaft: so frei wie Jesus „darf“ man sich in der Gesellschaft nicht verhalten. So frei wie Jesus „darf“ man Traditionen und Machtverhältnisse nicht hinterfragen: das gehört sich einfach nicht, das „darf“ nicht sein.

    In dieser ablehnenden Haltung zeigt sich auch, was Reich Gottes eben nicht ist….

     

    II.2 Wunder: „Dein Glaube hat Dich gerettet“

    Alle kennen die vielen Wunder, die über Jesus berichtet werden, und damals wie heute spalten die Meinungen darüber die Menschen:

    Für die einen sind diese Wunder der Beweis, dass die Geschichten über Jesus erstunken und erlogen sind und also getrost ins Reich der Phantasie verbannt werden können.

    Für die Anderen sind gerade diese Wunder der Beweis dafür, dass Jesus Gott ist.

    Die Heilungstexte lassen auf damals unheilbare Krankheiten wie Lepra, Grauen Star, Taubstummheit, Epilepsie und Schizophrenie schließen. Solche Kranke galten als „von unreinen Geistern beses-sen“.

    Man vermied Umgang und Berührung mit ihnen, verstieß sie oft aus bewohnten Orten und brachte sie damit in Todesgefahr.

    Die Heilungen geschehen auf verschiedene Weisen, etwa durch Nähe und Berührung, durch Handauflegen oder Speichel. Meistens sind es einfache gesprochene Befehle und Gesten, die die Heilung bewirken und die Dämonen austreiben.

    Die Jesus-Forschung geht davon aus, dass zumindest Exorzismus- und Therapietexte einen historischen Kern haben. Viele Wundertexte wurden dann im Urchristentum nach volkstümlichen und nachös-terlichen Motiven gestaltet und ergänzt.

    Zur Zeit Jesu waren Wunderheiler keine Seltenheit. Doch nur bei Jesus ist bekannt, dass er die Heilwirkung dem Glauben der Geheil-ten zugesprochen hat („Dein Glaube hat dich gerettet“) und den Glauben der Geheilten als Zeichen einer umfassenden Glaubens-hoffnung verstanden hat.

    Bei Jesus steht die physische „medizinische Gesundung“ stets in Zusammenhang mit einer inneren Heilung des Lebens.

    Körper, Geist und Seele sind eine Einheit, und eine heilende Begegnung mit Jesus betrifft immer den gesamten Menschen.

    Deshalb, wenn Jesus Menschen „heilt“, wird nicht „nur“ der Körper gesund, sondern Leben wird „heil“.

     

    II.3 Bibel-Auslegung

     

    Jesus, der Rabbiner

    Jesus legt die jüdische Bibel, also das „Erste Testament“, wie ein Rabbiner aus. Dementsprechend betonen die Evangelien, dass Jesus die jüdischen Gebote nicht über den Haufen werfen, sondern mit neuem Sinn erfüllen will.

    Ob Jesus selbst das so sah, ist umstritten. Einige Gebote verschärfte er, andere entschärfte er, wieder andere relativierte er so, dass sie im Urchristentum teilweise aufgehoben wurden. Dies wird heute aber nicht mehr als Kontrast zum Judentum, sondern als innerjüdisch mögliche Toradeutung aufgefasst.

    Sicherlich war Jesus jemand, der spannend und packend erzählen konnte - bei ihm ist wohl niemand aus Langeweile eingeschlafen...

    Wie andere Rabbiner auch stellt Jesus die Nächstenliebe auf die gleiche Stufe wie die Gottesliebe und hält sie wichtiger als alle anderen Gebote.

    Für Jesus ist klar: Menschen brauchen Gesetze zum Leben. Aber die Gesetze sind immer und ausschliesslich dafür da, den Menschen zu dienen (für sein persönliches Wohlbefinden, für ein gelingendes Zusammenleben, für einen verantwortlichen Umgang mit der Natur, in und von der er lebt).

    Wo Gesetze und Regeln sich verselbständigen, wo ihre Bedeutung für das alltägliche Leben nicht nachvollzogen werden kann, wehrt sich Jesus mit aller Vehemenz dagegen.

     

    Erste Zielgruppe: Die Menschen am Rand

    Jesus sah sich zu denen ausgesandt, die wegen der Missachtung der Gebote als Sünder und Unreine galten und daher verachtet wurden, seien es nun Arme, Prostituierte oder Zöllner (heute wären das wohl Kredithaie).

    In Jesu Bibelauslegung (speziell in der „Bergpredigt“, die als Zentrum von Jesu Reden gilt) spiegelt sich eine Gesellschaft, die von Hunger, Ausbeutung und Gewalt bedroht ist.

    Konfrontation, die Gewalt und Gegengewalt hervorruft, ist für Jesus das Hindernis für das Reich Gottes auf der Erde: Nur die Unterbrechung der Gewaltspirale kann diese Herrschaft des „Bösen“ beenden und das Reich Gottes herbeirufen.

     

    II.4 Jesus und die Politik

     

    Das Private ist politisch

    Für Juden ist Religion und Politik nicht trennbar. Alles was man tut und vertritt, ist irgendwie „politisch“. Diese Haltung dürfte auch für Jesus zutreffen.

    Auch wenn Jesus nicht „direkt“ politisch handelte, so wurden seine Lebensweise und seine Anliegen sehr wohl als klaren Angriff auf die herrschende Politik der Mächtigen verstanden.

    Jesu ärgster Feind: die missbrauchte religiöse Macht

    Seine grossen Gegner waren übrigens nicht die Pharisäer: mit ih-nen stritt er sich zwar immer wieder, aber in ihrer Haltung waren sie Jesus sehr nahe, und sie spielten beim Prozess gegen Jesus keine Rolle.

    Die grossen Gegner Jesu waren die Sadduzäer. Sie hielten miss-brauchten ihre hohe religiöse Stellung, und ihre grössten drei Sor-gen waren die Befolgung der Opferriten, die Eintreibung der Tem-pelsteuer und die Bewahrung der eigenen Macht.

    Wenn Jesus auch Opfer nicht direkt ablehnte, stellte er sie wie alle Gesetze klar unter die Nächstenliebe. Indem er selber im Tempel lehrte, erkannte er den Tempel als wichtigen religiösen Ort.

    Alle vier Evangelien berichten davon, als Jesus im Tempel von Je-rusalem ausrastete und die Händler vertrieb. Dies musste auf die mächtigen Sadduzäer als Drohung wirken.

  • III. Jesu sterben und Auferstehung

    III.1 Der Prozess gegen Jesus

    Ob die Römer oder die Sadduzäer Jesus verhaften liessen, ist um-stritten. Aber beide hatten ein Interesse daran, Jesus zu beseitigen. Die Römer als Besatzungsmacht wollten jede mögliche politische Unruhe verhindern, gleich wie die Sadduzäer, deren Einfluss auch damit zu tun hatte, dass sie mit der Besatzungsmacht der Römer zusammenarbeiteten, um sich Privilegien zu sichern.

     

    III.2 Die Kreuzigung – die grosse Erniedrigung

    Nach allen Evangelien verurteilte Pilatus Jesus als „König der Ju-den“ zum Tod am Kreuz. Die Kreuzigung galt als besonders grau-same und erniedrigende Hinrichtungsmethode und war im römi-schen Kaiserreich für Aufständische, entlaufene Sklaven und Ein-wohner ohne römisches Bürgerrecht üblich. Sie sollte die unterge-benen Völker demütigen und von der Teilnahme an Aufruhr ab-schrecken. Den Juden galt sie als Fluch.

    Der Todeskampf konnte je nach Ausführung tagelang dauern, bis der Gehängte verdurstete oder an seinem eigenen Körpergewicht erstickte. Jesus starb jedoch bereits am selben Tag.

     

    III.3 Jesus lebt!

    Ostern, was man darüber wirklich weiss

    „Wissenschaftlich“ ging Ostern so: In den Tagen nach Jesu Tod wa-ren die Freundinnen und Freunde von Jesus erschüttert, und sie hatten Todesangst. Sogar seine treuesten Anhänger waren nicht bei ihm, als Jesus starb, aus purer Angst. Nur Frauen liessen Jesus am Kreuz nicht alleine.

    Und dann, nur einige Wochen später, erleben wir eine hochmotivier-te Gruppe von Jüngerinnen und Jüngern, die voller Energie von ih-rem Glauben an Jesus als „Retter der Welt“ erzählen, mit einer Kraft, die sich ausbreitet wie ein Virus, bis an den Rand der Welt. Was war da bloss geschehen?

     

    Ostern: Glauben ist Vertrauen

    Die Bibel ist klar, und die Antwort ist bis heute der Kernpunkt des christlichen Glaubens: „Diesen Jesus hat Gott auferweckt!“ Was immer das bedeutet – keine Botschaft in der Geschichte der Menschheit hatte eine ähnlich grosse Sprengkraft!

    Wie das zu verstehen ist, ist zuletzt weniger eine Frage, was wirk-lich geschah, sondern was das für jeden einzelnen Menschen be-deutet. Die Christen verkünden bis heute: Jesus ist auferstanden, das heisst: das Leben ist stärker als der Tod. Gott ist mehr, als man sieht. Es gibt eine Wirklichkeit, die liegt jenseits des „normalen“, wie wir die Welt und die Menschen immer wieder erleben und verste-hen.

    Das ist die Sprengkraft des Glaubens: die Wirklichkeit als real zu nehmen, aber nicht daran zu verzweifeln, sondern aus dem Ver-trauen zu leben: „es gibt noch mehr, als was man sieht.“

     

    Ostern – Leben durchbricht Leblosigkeit ganz real!

  • IV. Jesus, der Christus und die radikal neue Sicht

    Nach Ostern ist Jesus „mehr“ als „nur“ ein Mensch – er ist „auferstanden“ und damit kein normaler Mensch mehr. Die Erfahrung, dass Jesus nicht tot bleibt, ist für seine FreundInnen die definitive Bestätigung: Jesus ist der „Messias“, der „Gesalbte“ – das bedeutet „Christus“.

    Die Trennung zwischen „Jesus“ und „Christus“ ist nicht eindeutig zu machen, wie auch der Gedanke nicht einfach zu verstehen ist, dass da in einer Haut Gott und Mensch zusammengekommen sein sol-len. Es ist vielleicht wie bei einer Medaille, die zwei Seiten hat:

    Wenn wir von Jesus reden, blicken wir auf den Juden, der in Paläs-tina gelebt hat; doch auch im Leben hat sich Jesus als „Heiland“ erwiesen, schimmert also Christus durch.

    Reden wir von Christus, blicken wir auf die göttliche Seite, auf die Bedeutung für uns heute 2000 Jahre später; aber auch hier können wir den „Messias“ nicht einfach lösen vom realen Jesus.

    Die Evangelisten, die alle Jesus nicht persönlich gekannt haben, schreiben ihre Geschichten durch diese Oster-Brille. Sie schreiben „good news“ (das bedeutet das griechische Wort „eu-angelion“), sie schreiben keine Biographie.

    So sind die Evangelien Berichte über Jesus, dem Christus. Der Glaube, dass Jesus der Messias ist, durchwirkt die Evangelien, wie wenn man gepresste Orangen in einen Krug Wasser gibt und kräftig umrührt: das Wasser leuchtet hell und warm, und es ist unmöglich, Orangensaft und Wasser voneinander zu trennen – doch was für ein Energieschub gibt dieser Mix!

    Und so schliesst sich der Kreis: Wir lesen Geschichten über Chris-tus, wenn wir Geschichten von Jesus lesen. Wir lesen Geschichten, die unseren Glauben stärken und herausfordern wollen, keine histo-rische Biographie.

    Und die Wahrheit der Bibel liegt nicht darin, ob alles historisch so war oder nicht. Die Wahrheit liegt darin, was Jesus der Christus für mich in meinem Leben bedeutet. Die Wahrheit liegt darin, dass die-ser Jesus mir an sich zeigen will, wer ich eigentlich bin: ein gelieb-tes Kind Gottes, hineingestellt in diese ebenso schöne wie schreck-liche Welt, eingeladen und herausgefordert zu leben, was er gelebt hat.

    Bei dieser Wahrheit geht es „ums Eingemachte“ Wenn es mir immer wieder gelingt, diese Einladung und Herausforderung anzunehmen, dann kann ich immer wieder wirklich glücklich sein.